1-2023
1-2022
1-2021
1-2020
2-2019
1-2019
1-2018
1-2017
1-2016
2-2015
1-2015
2-2014
1-2014
1-2013
1-2012
1-2011
3-2010
2-2010
1-2010
2-2009
1-2009
2-2008
1-2007


Sie befinden sich hier: Ausgaben » 1-2008 » fg-1-2008_06

 

Soziales Netzwerk in der Psychologie1

Anton-Rupert Laireiter
[Forum Gemeindepsychologie, Jg. 13 (2008), Ausgabe 1]

Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit werden konzeptuelle Aspekte der psychologischen Netzwerkforschung erörtert. Ausgangspunkt ist die Analyse der wichtigsten Rezeptionsvarianten des Netzwerkbegriffs in der Psychologie. Darauf aufbauend erfolgt eine konzeptuelle Analyse des Netzwerkbegriffs, in der verschiedene Bedeutungsvarianten desselben herausgearbeitet werden. Daran anschließend erfolgt eine Erörterung der zentralen konzeptuellen Aspekte der psychologischen Netzwerkforschung, die primär egozentrierte Netzwerke im Sinne individueller Beziehungssysteme erforscht. Es wird dabei betont, dass psychologische Netzwerkforschung vielseitige Interessen und Perspektiven besitzt, im Kern jedoch an der Interaktion zwischen Individuum und Umwelt (hier realisiert über den egozentrierten Netzwerkbegriff) und den gegenseitigen Funktionen von Person und Netzwerk interessiert ist. Aufgrund der vielseitigen Perspektiven ist der Begriff in unterschiedliche theoretische Konzepte zu integrieren. Abschließend werden offene methodischen Fragen angesprochen.

Schlüsselwörter

Soziales Netzwerk, Soziale Unterstützung, Netzwerkanalyse

Abstract

The present paper discusses conceptual aspects of psychological network-research. It starts from an analysis of the different ways the concept is used in psychology (metaphorical, functional, structural, relational) followed by a conceptual analysis of the term in the social sciences focusing on structural and ego-centered networks, which are most important for psychological network research. In the third part of the paper central conceptual and theoretical aspects of psychological network research are elaborated such as the prime focus on ego-centered networks, the multiple integration of the concept into different psychological research-questions and its multiple theoretical foundation in different models and conceptions. The main interest of psychological network research is related to the interaction of the individual and the network and in the multiple roles the person and its ego- network play for each other. Concluding open methodological questions are discussed.

Key words

Social networks, social support, network-analysis

1. Einleitung

Soziale Netzwerke sind wichtige Gegenstände in verschiedenen Teildisziplinen der Psychologie, traditionell und insbesondere der Klinischen und Gesundheitspsychologie (Angermeyer & Klusmann, 1989; Baumann, 1987; Laireiter, 1993; Röhrle, 1994), aber auch der Gemeinde- (Bauer & Otto, 2005; Röhrle, 1994; Straus, 2002) und Sozialpsychologie (Asendorpf & Banse, 2000; Röhrle, 1994). Auch haben sich entwicklungs- (Lang, 2005; Röhrle, 1994, Schmidt-Denter, 2005), persönlichkeits- (Asendorpf, 2007; Asendorpf & Banse, 2000; Neyer, 2005; Pierce, Lakey, Sarason & Sarason, 1997), familien- (Otto & Bauer, 2005), beratungs- (Otto & Bauer, 2005; Pearson, 1997), geronto- (Otto & Bauer, 2005), wirtschafts- und organisations- sowie kultur- und ökopsychologische (Röhrle, 1994) Ansätze damit beschäftigt (Überblicke bei Ningel & Funke, 1995; Otto & Bauer, 2005; Röhrle, 1994; Straus, 2002).

Angesichts dieser breiten Verwendung des Konstrukts in der Psychologie könnte man meinen, dass konzeptuelle Fragen geklärt sind und der Begriff in seiner Bedeutung und damit auch in seiner Verwendung klar ist. Eine genauere Analyse der Literatur zeigt aber, dass auch heute noch, fast 15 Jahre nach Röhrle’s (1994) Feststellung einer problematischen Verwendung des Begriffes in der Psychologie, dieser in einer eher metaphorischen und sehr einseitigen Art und Weise verwendet wird und dass er meist auch nur oberflächlich definiert ist.

Der folgende Beitrag hat sich daher zum Ziel gesetzt, grundlegende Merkmale einer psychologischen Netzwerkforschung herauszuarbeiten. Dazu wird zunächst ein Überblick über die verschiedenen Rezeptionsvarianten des Netzwerkbegriffs in der Psychologie gegeben, daran anschließend wird der Begriff einer allgemeinen konzeptuellen Analyse unterzogen und herausgearbeitet, dass in der Psychologie primär egozentrierte oder personale Netzwerke beforscht werden. Darauf aufbauend erfolgt eine konzeptuelle Klärung der Psychologischen Netzwerkforschung hinsichtlich ihres Programms wie auch hinsichtlich konzeptueller und methodischer Kriterien.

2. Rezeptionsvarianten des Netzwerkbegriffs in der Psychologie

Der Netzwerkbegriff ist kein genuin psychologischer, er stammt aus der Soziologie und Sozialanthropologie/Ethnographie und wurde über eine Reihe von Zugängen, insbesondere über die Unterstützungsforschung, die Gemeindepsychologie und die Sozialpsychologie in die Psychologie „importiert“. Die Psychologie tat sich von Anfang an schwer mit diesem Import (Röhrle, 1994). Dies hat vor allem damit zu tun, dass der Begriff soziale Phänomene anspricht, die nicht im Zentrum psychologischer Forschung stehen wie z.B. Beziehung, Paar, oder Gruppe. Eine Analyse der psychologischen Netzwerkliteratur lässt erkennen, dass es in der Rezeption des Netzwerkbegriffs offensichtlich drei, nicht streng voneinander abgrenzbare Phasen gibt. Zwei Bedeutungsvarianten dominieren die Begriffsbedeutung in den ersten 10 bis 15 Jahren der psychologischen Netzwerkforschung, metaphorische einerseits und funktionalistische andererseits. Dies hat vor allem damit zu tun, dass die psychologische Netzwerkforschung bis ca. Ende der 1980er Jahre primär im klinisch-, gesundheits- und gemeindepsychologischen Kontext erfolgte (Angermeyer & Klusmann, 1989; Baumann, 1987; Keupp, 1987; Laireiter, 1993; Ningel & Funke, 1995; Veiel & Baumann, 1992). Erst ab etwa Anfang bis Mitte der 1990er Jahre wurde der Netzwerkbegriff auch in andere psychologische Disziplinen integriert, z.B. in die Sozial-, Persönlichkeits- oder Entwicklungspsychologie, wodurch es zu einer Begriffserweiterung kam, die auch beziehungstheoretische und strukturalistische Komponenten einbezog (Asendorpf & Banse, 2000; Milardo, 1992; Röhrle, 1994; Schmidt-Denter, 2005; Straus, 2002). Allerdings wurden die metaphorischen und funktionalistischen Bedeutungsvarianten dadurch nicht verdrängt; hinzu kam allerdings eine stärkere Orientierung an dem strukturalistischen Begriff des Sozialen Netzwerks der Soziologie und Sozialanthropologie durch einige sozial- und gemeindepsychologische Rezipienten (Hollstein & Straus, 2006; Straus, 2002). Es finden sich aber bereits hier wie auch in späteren Ansätzen einige adäquatere und Psychologie gerechtere Verwendungen des Begriffs (Asendorpf & Banse, 2000; Baumann & Laireiter, 1997; Lang, 2005; Neyer, 2005; Röhrle, 1994).

2.1 Metaphorische und bedeutungslose Begriffsverwendungen

Bei den so genannten „metaphorischen Verwendungen“ handelt es sich nach Wellman (1988) und Röhrle (1994) um Bedeutungsvarianten, die eine unspezifische Gleichsetzung des Begriffs mit jeder Form sozialer Verbindung bzw. Beziehungsphänomenen im Allgemeinen vornehmen. Diese Verwendungsform findet sich zwar vor allem im populärwissenschaftlichen und alltagspsychologischen Schrifttum, kommt aber auch in der psychologischen Forschung vor. Ein Charakteristikum dieser Verwendung ist das Fehlen oder der Mangel an einer spezifischen Bedeutung (im Sinne einer differentia specifica), die den Netzwerkbegriff von anderen bereits gut eingeführten Begriffen wie Beziehung, Gruppe, Arbeitsgemeinschaft o.ä. abgrenzt.

Eine damit verwandte Rezeptionsvariante kann man als „bedeutungslose Verwendung“ bezeichnen, da der Begriff hier zwar in einem ontologischen Sinn gebraucht wird (es wird von realen Netzwerken gesprochen), ohne dass dabei aber angegeben oder in Erfahrung gebracht werden kann, welches konkrete Phänomen er eigentlich meint. Oft findet man solche Verwendungen in der Selbsthilfeliteratur (z.B. Selbsthilfenetzwerke), oder der Sichtweise eines Sozialen Netzwerkes als Webmuster von Alltagsbeziehungen (Weyer, 2000a). In beiden Fällen kann eigentlich nicht klar gemacht werden, was der Inhalt des jeweiligen Netzwerkbegriffs ist.

Inhaltsleere oder metaphorische Verwendungen sind wissenschaftlich nicht sinnvoll und führen nur, wie vielfach kritisiert, zu Bedeutungsverlust und Bedeutungsverwirrungen oder schaffen inhaltsleere Worthülsen. Es versteht sich von selbst, dass diese Rezeptionsvariante wissenschaftlich nicht wertvoll ist.

2.2 Funktionale und funktionalistische Verwendungen

„Funktionale oder funktionalistische Verwendungen“ (Röhrle, 1994) setzen den Netzwerkbegriff inhaltlich mit Funktionen sozialer Beziehungen, insbesondere mit der Sozialen Unterstützung im Sinne von Unterstützungsressourcen, Unterstützungsnetzwerk oder soziale Unterstützer gleich. Diese Begriffsverwendung findet sich vor allem im amerikanischen gemeindepsychologischen Schrifttum der 1970er und 1980er Jahre (Vaux, 1988), ebenso wie in der Stress-Bewältigungsforschung dieser Zeit (Cohen, 1992), kommt aber auch in der deutschsprachigen Forschung vor (vgl. genauer: Röhrle, 1994). Eine Variante dieser Verwendungsform, die ebenfalls zu problematisieren, jedoch nur schwer zu identifizieren ist, geht von einer theoretisch und konzeptuell breiteren Definition des Begriffes als personales oder egozentriertes Netzwerk aus, operationalisiert ihn jedoch über den Unterstützungsbegriff (Unterstützungsnetzwerk). Diese Verwendungsform führt empirisch gesehen zur gleichen Einengung wie eine funktionale Definition des Begriffs.

Konzeptuell betrachtet wird auch die funktionalistische Bedeutungsrezeption dem Begriff nicht gerecht: Zunächst besteht ein soziales Netzwerk nicht nur aus unterstützenden Personen. Unterlegt man Suchstrategien als Erhebungskriterium, so wird lediglich ca. ein Drittel bis zur Hälfte der Mitglieder eines persönlichen Netzwerks als unterstützend wahrgenommen bzw. als solches bezeichnet (Laireiter, in Druck, b). Personale Netzwerke beinhalten entsprechend nicht nur unterstützende, sondern auch indifferente, nicht unterstützende, und auch belastende und konflikthafte Beziehungen. Zu berücksichtigen ist auch, dass soziale Beziehungen und damit auch egozentrierte Netzwerke multifunktionaler Natur sind (s.u.). Dies verbietet es zusätzlich, diese mit einer Funktion (z.B. Sozialer Unterstützung) gleichzusetzen.

Damit impliziert diese Rezeptionsvariante eine Reduktion des Sozialen Netzwerks auf einen Teilausschnitt aus dem individuellen Gesamtnetzwerk und kann dieses nicht in seiner vollen Gänze erfassen; sie kann damit nur als Möglichkeit zur Definition und Erfassung eines egozentrierten Partialnetzwerks (Milardo, 1992) akzeptiert werden.

2.3 Sozio-strukturelle Bedeutungen

Eine ebenfalls wenig adäquate Form der Rezeption des Begriffes findet sich häufig in der (deutschsprachigen) Gemeindespsychologie, in der dieser mit Begriffen wie soziale Integration, soziale Verortung oder soziale Einbettung gleichgesetzt wird (Straus, 2002). Zwar können strukturelle Merkmale persönlicher Netzwerke (Größe, Anzahl an Sektoren, Vernetzung etc.) Auskunft über die Einbettung eines Individuums in seine soziale Umgebung geben (Barnes, 1969; Röhrle, 1994; Schenk, 1995; Straus, 2002), allerdings kann der Begriff mit dieser weder intensional noch extensional gleichgesetzt werden, da die beziehungsmäßige Verbindung eines Menschen mit seiner sozialen Umgebung nur ein, wenn auch wichtiges, Kriterium der sozialen Integration darstellt (Schenk, 1995). Die soziale Integration umfasst darüber hinaus aber eine Reihe weiterer Aspekte, wie z.B. die Teilhabe an sozialen Ereignissen, den Zugang zu sozialen Ressourcen oder die Einbindung in das soziale Leben einer Gemeinde (Laireiter & Baumann, 1992).

2.4 Beziehungstheoretische Interpretationen

Auch im Rahmen beziehungstheoretischer Interpretationen besitzt der Begriff eine Reihe nicht adäquater Bedeutungsvarianten, die teils metaphorischer Natur sind und zum Teil Einzelaspekte sozialer Beziehungen abdecken. So wird er häufig als Synonym für das interpersonale Umfeld einer Person, für seine sozialen Kontakte oder seine Alltagsbeziehungen verwendet (Asendorpf & Banse, 2000; Keupp, 1987). Nicht selten steht er in diesem Zusammenhang auch als Synonym für spezielle Beziehungsformen oder Gruppen: So wird im Sinne eines Neologismus z.B. häufig anstatt von Freundschaften oder vom Freundeskreis von Freundschaftsnetzwerken oder anstatt von Verwandten vom Verwandtschaftsnetzwerk gesprochen.

2.5 Heterogene Operationalisierungen

Ein weiteres Problem der Netzwerkforschung in der Psychologie ist, dass aufgrund unterschiedlicher Erfassungskriterien sehr unterschiedliche Ausschnitte aus dem persönlichen Umfeld eines Individuums als Netzwerk bezeichnet und untersucht wird (enge Bezugspersonen, Kontaktpersonen, Rollenfunktionen, Unterstützer etc.) und dadurch sehr unterschiedliche Phänomene als „Soziales Netzwerk“ bezeichnet werden. Dem Begriff fehlt in der Psychologie also nicht nur eine adäquate begriffliche Definition und Konzeption, es fehlt auch an einer geeigneten begrifflichen Struktur, die Teilbereiche desselben begrifflich adäquat bezeichnet.

Wie weiter unten noch ausführlicher herauszuarbeiten sein wird, kann der Gegenstand psychologischer Netzwerkforschung nur das egozentrierte oder personale Netzwerk eines Individuums sein, das die Summe aller Beziehungen dieses Menschen zu seiner engeren und ferneren sozialen Umwelt und deren gegenseitige Vernetzung, beschreibt. Unter dieser Perspektive betrachtet werden alle bisher angeführten Bedeutungen und Rezeptionsvarianten dem Begriff des sozialen Netzwerks, wie er für die Psychologie adäquat erscheint, nicht gerecht, da sie zum einen keine klare Aussage darüber machen, was ein Soziales Netzwerk im psychologischen Sinn darstellt und zum anderen sehr unterschiedliche Teilaspekte sozialer Beziehungen von Menschen darunter subsumieren. In den folgenden Abschnitten soll zunächst der Netzwerkbegriff konzeptuell allgemein erörtert werden, um daran anschließend auf die spezifischen begrifflichen, konzeptuellen und methodischen Kriterien der Netzwerkforschung in der Psychologie einzugehen.

3. Zum Begriff des Sozialen Netzwerks – Allgemeine konzeptuelle Aspekte

Wie in konzeptuellen Arbeiten immer wieder betont, hat der Netzwerkbegriff sehr unterschiedliche historische Wurzeln und Traditionen (Freeman, 2004; Straus, 2002; Wasserman & Faust, 1994), insbesondere die klassische Soziologie (Simmel, v. Wiese, Caplow, v. Lazarsfeld), die Sozialpsychologie (Feldtheorie Lewin’s, Soziometrie und Gruppentheorie Moreno’s), die Sozialanthropologie und Ethnographie (Barnes, Bott, Radcliffe-Brown, Mitchell etc.), die Klinische Psychologie und Sozialepidemiologie (Cobb, Cassel, Weissman), die Mikrosoziologie (Harrison White, Wellman), die Mathematik (Graphentheorie), Informatik und die Kommunikationswissenschaften (Schenk, 1984, 1995). In all diesen Traditionen gibt es zum Teil recht heterogene Bedeutungsvarianten des Begriffs, sodass es nicht verwundert, dass vielen Autoren die große Bedeutungsvielfalt und die massive Verwirrung in der Verwendung dieses Begriffes beklagen (Keul, 1993; Röhrle, 1994; Schenk, 1995; Straus, 2002). Diese Aussage bleibt so lange nichts sagend, bis man akzeptiert, dass der Begriff, ähnlich vergleichbaren „Massenbegriffen“ wie Stress, Gesundheit oder Coping, in unterschiedlichen Kontexten unterschiedliche Bedeutung besitzt, die nur durch begriffliche Analysen und die Einführung einer entsprechenden konzeptuellen Struktur gelöst werden kann. Eine solche begriffliche Strukturierung ist nach dem vorhandenen Wissen heute durchaus möglich (vgl. dazu auch Weyer, 2000a).

3.1 Soziales Netzwerk als Paradigma

Grundsätzlich wäre in dieser Struktur der Begriff als „paradigmatischer Begriff“ zu verstehen, der eine allgemeine (paradigmatische) Bedeutung besitzt und verschiedene Einzelphänomene unter sich vereinigt (vgl. Abbildung 1) und eine bestimmte Art des Zugangs im Sinne einer wissenschaftlichen Perspektive auf bestimmte – im vorliegenden Fall – soziale Phänomene vermittelt (Asendorpf & Banse, 2000). In diesem paradigmatischen Sinne ist unter einem sozialen Netzwerk, ausgehend von der einfachen Definition von Mitchell (1969, S. 2) „... a specific set of linkages among a defined set of persons“ die Betrachtung und Analyse sozialer Beziehungen, Strukturen, Gruppen, Organisationen, Ereignisse etc. unter der Perspektive der gegenseitigen Verknüpfung ihrer Mitglieder und Beteiligten zu verstehen. Es wird dadurch also eine relationale oder Verknüpfungsperspektive auf den Gegenstand geworfen, oder um es mit Kähler (1975, S. 283) zu sagen: „Der Begriff des sozialen Netzwerks bezieht sich auf das Geflecht der – in der Regel: sozialen – Beziehungen, die zwischen einer definierten Menge von einzelnen Einheiten – in der Regel: Individuen – beobachtet werden können“.

Abb. 1: Begriffssystem „Soziales Netzwerk“ (modifiziert nach Weyer, 2000a, S. 15)


Dieser paradigmatische Begriff repräsentiert den Gipfel eines dreidimensionalen Konstruktes, das aus einer inhaltlichen und einer methodischen Dimension besteht, die ihrerseits wieder verschiedene Einzelphänomene abbilden, die inhaltliche Dimension verschiedene Arten realer Netzwerke, die methodische – dazu vertikal stehend – verschiedene methodische Zugänge zur Konzipierung und Analyse dieser Verknüpfungen und Strukturen.

3.1.1 Reale vs. formale Netzwerke

Der größte Unterschied zwischen dem inhaltlichen und dem methodischen Netzwerkkonzept besteht darin, dass das inhaltliche Soziale Netzwerke als reale soziale Gebilde versteht, also von einem ontologischen Netzwerkbegriff (Hollstein, 2006) ausgeht. Dem gegenüber verzichtet das methodische Konzept auf die Definition eines realen Netzwerkbegriffs und versteht darunter jedes soziale Gebilde, das aus drei Bestimmungsstücken besteht: Akteuren (=actors, Knoten), Verbindungen (=ties, Kanten) und einem sich daraus ergebenden („gewobenen“) Muster an Verknüpfungen der Akteure untereinander (Struktur, structure) (Schenk 1995, Schweizer 1996, Wasserman & Faust 1994). Von Straus (2002) und Weyer (2000a) wird dieser Zugang auch als „formale Netzwerkanalyse“ bezeichnet (manchmal auch nur „formale Analyse“; Diaz-Bone, 1997), von Wasserman und Faust (1994) als „strukturelle Analyse“ (struktural analysis).

3.1.2 Reale Netzwerke

In Erweiterung des konzeptuellen Ansatzes von Weyer, 2000a, S. 15) können drei inhaltliche Netzwerktypen differenziert werden, so genannte „Handlungs-Akteurs-Netzwerke“, „Beziehungsnetzwerke“ und „Inter- und Intraorganisationale Netzwerke“. Gemeinsam ist diesen Konzepten die Fokussierung auf die Verbindungen zwischen den Akteuren und auf das Handeln der Mitglieder dieser Strukturen untereinander sowie die Annahme, dass das Handeln und die Beziehungen der Mitglieder eines Netzwerkes die (zu beschreibende und analysierende) Struktur des Netzwerkes ergeben (Jansen, 2003; Weyer, 2000b).

  • Handlungs-Akteurs-Netzwerke repräsentieren nach Weyer (2000a) soziale Strukturen und Verbindungen, die sich aus (mehr oder weniger regelmäßig) stattfindenden Interaktionen und Handlungen (Austausch) unterschiedlicher Akteure ergeben, z.B. Journalisten, die regelmäßig Informationen austauschen, Drogenabhängige und Dealer, die bestimmte Drogen umschlagen, Geschenksrituale in sizilianischen Familien oder der Muschelaustausch im polynesischen Inselarchipel (Schweitzer, 1996) etc. Da Austausch bei diesen Netzwerken eine große Rolle spielt, kann man sie mit Schweitzer (1996) auch als „Austausch-Netzwerke“ bezeichnen.
  • Als Beziehungsnetzwerke werden sehr heterogene soziale Gebilde bezeichnet, die sich aus verschiedenen Relationen zwischen den Akteuren ergeben, d.h. inhaltlich unterschiedlich determiniert sind (Austausch, Rollenfunktionen, Blutsverwandtschaft, emotionale Bindungen Aufgaben etc.). Je nach Perspektive können hier Gesamt- oder totale Netzwerke sowie Teilnetzwerke und personbezogene, so genannte egozentrierte Netzwerke unterschieden werden (s.u., Jansen, 2003).
  • Inter- und intraorganisationale Netzwerke repräsentieren nach Weyer (2000a) Strukturen und Mechanismen zur Koordination von Kooperationen und Interaktionen autonomer oder hierarchisch abhängiger, jedoch interdependenter Akteure. In diesem Sinn repräsentieren Netzwerke planvolle Strategien und Strukturen, um die Handlungen der Akteure in Erwartung konkreter gegenseitiger Vorteile zu koordinieren; „hier geht es eher um die Beschreibung eines qualitativ eigenständigen Typus der Handlungskoordination und der in ihm ablaufenden substantiellen Interaktionen…“ (Weyer, 2000a, S. 14; Hervorhebung im Original).
    Weyer unterscheidet als zu diesem Typus gehörig so genannte „Policy-Netzwerke“, in denen Kooperationen, Verhandlungen, Konflikte etc. im gesellschaftlichen Kontext unter Einbeziehung politischer Entscheidungsträger koordiniert werden, „strategische Netzwerke“, die aus exklusiven, strategisch angelegten engen Kooperation weniger Firmen, Individuen, Familien oder Subfirmen eines Konzerns bestehen, „regionale Netzwerke“, definiert als die Verankerung von Firmen oder Einzelakteuren in einem dichten regionalen Beziehungsgeflecht, meist in Form flexibler Spezialisierung, z.B. Autofertiger, Zulieferer und Konstrukteure, sowie „Innovations- und Diffusionsnetzwerke“, die zum einen aus lockeren, informellen Beziehungen von Akteuren, Firmen oder Organisationen bestehen können, in denen Informationen rasch diffundieren können, zum anderen aber auch aus eng verflochtenen Konstellationen von Akteuren, die sich gegenseitig absichern, um sich gegen Konkurrenz zu schützen, ihren Erfolg zu maximieren und Neues rasch und in enger Kooperation zu entwickeln (=geschlossene Gemeinschaften, die durch die jeweiligen Verbindungen der Partner nach außen Ressourcen, Innovation, Know-how etc. einbringen können).

Da für den vorliegenden Beitrag vor allem die Beziehungsnetzwerke von Bedeutung sind, wird auf die Handlungs-Akteurs- und die intra- und interorganisationalen Netzwerke nicht mehr weiter eingegangen (vgl. ausführlich Weyer, 2000b).

3.1.3 Formale Netzwerkanalyse

Die formale Netzwerkanalyse hat sich u.a. ebenfalls aus inhaltlichen Ansätzen der Netzwerkforschung entwickelt, insbesondere der soziologischen und sozialanthropologischen, hat sich aber von dieser weit entfernt, insofern sie einen ausgesprochen hohen Abstraktionsgrad und eine primär methodische Akzentuierung eingegangen ist. Seinen Ausgang nahm dieser Ansatz in den Blockmodellanalysen der Harvard-Strukturalisten um Harrison C. White und dessen Schüler Barry Wellman in den 1970er und 1980er Jahren (Freeman, 2004; Wasserman & Faust 1994). Das wesentlichste Charakteristikum desselben ist seine ausgeprägte methodische Orientierung und die Annahme, dass ein soziales Netzwerk alles ist, was aus den beiden Bestimmungsstücken Knoten (Akteure) und Kanten (Verbindungen) besteht (s.o.). Die Analyse der daraus entstehenden Struktur und der in dieser enthaltenen Verbindungen und Positionen ist ihr Gegenstand (Schenk, 1995; Trappmann, Hummel & Sodeur, 2005; Wasserman & Faust, 1994). Die Knoten/Akteure können dabei beliebige Elemente umfassen (z.B. Länder, Haushalte, Kapitalgesellschaften, Individuen etc.) und die Kanten Verbindungen unterschiedlicher Art (persönliches Kennen, Handel, Macht, Kontakt etc., Jansen, 2003).

Aufgrund seines hohen Abstraktionsgrades und seiner methodischen Orientierung hat sich dieser Ansatz zu einer Art Metakonzept der Analyse sozialer Strukturen entwickelt. Dabei wird der Netzwerkbegriff eher als ein latentes Phänomen verstanden, das zwar auch real, meist aber in den Köpfen der Netzwerkforscher und gelegentlich gar nicht in der subjektiven Repräsentation der Beforschten existiert (Hollstein, 2006; Weyer, 2000), insofern durch diesen Zugang z.B. Strukturen analysiert werden, die den Beteiligten nicht bewusst sind, weil sie sie gar nicht intentional erzeugt haben, z.B. Zitationsnetzwerke, Gesprächsnetzwerke, Computernetzwerke, positionale Netzwerke etc.

Nach Weyer (2000a) sind die sozialen Netzwerke, die die formale Netzwerkanalyse konstruiert, methodische Konstrukte, die eine Art „virtueller Realität“ darstellen (Hollstein, 2006), insbesondere dann, wenn diese durch moderne Computertechnologie eine Visualisierung erfahren. Es verwundert daher nicht, wenn beide (formale Netzwerkanalyse und Computervisualisierung) in den letzten Jahren eine enge Verbindung miteinander eingegangen sind (de Nooy, Mrvar & Batagelj, 2005). Eng damit zusammen hängt die Tatsche, dass es eine Reihe von (formalen) Programmpaketen zur Netzwerkanalyse und Netzwerkvisualisierung gibt (de Nooy et al., 2005; Jansen, 2003; Trapmann et al., 2005) und dass dieses Konzept vor allem auf sehr große Netzwerke (viele Akteure und Verbindungen) spezialisiert ist. Dem gegenüber agiert die Analyse realer sozialer Netzwerke mit unterschiedlichen konzeptionellen und methodischen Zugängen (Straus 2002), verwendet kaum Netzwerkvisualisierungen und untersucht vor allem (kleinere) Netzwerke in realen sozialen Kontexten (Unterstützung, Beziehungen, Austausch, regionale Verflechtung  etc.) mit unterschiedlichen Fragestellungen (Weyer, 2000a,b).

Die formale Netzwerkanalyse hat sich inhaltlich bisher auf die Analyse dreier Phänomenbereiche konzentriert, auf soziale Beziehungen, Strukturen und Aggregate im Rahmen der so genannten „relationalen Netzwerkanalyse“, auf soziale Positionen und Hierarchien in der „positionalen Netzwerkanalyse“ und auf soziale Ereignisse und deren Verknüpfung von Akteuren durch die so genannte „ereignisbezogene Netzwerkanalyse“ (Jansen, 2003; Schenk, 1995).

  • Relationale Netzwerke repräsentieren Netzwerke direkter Verbindung zwischen den Akteuren. Derartige Netzwerke werden nach verschiedenen Maßzahlen (Größe, Dichte, Zentralität etc.) und Strukturparametern (Cluster, Cliquen, Brücken, strukturelle Löcher etc.) analysiert (Jansen, 2003; Schweizer 1996; Trapmann et al., 2005; Wasserman & Faust, 1994).
  • Positionale Analysen sind an der Identifikation spezifischer Positionen und Hierarchien in sozialen Strukturen interessiert. Es werden hier Akteure nicht hinsichtlich ihrer gegenseitigen Verknüpfung analysiert, sondern hinsichtlich identischer Verbindungen zu anderen Mitgliedern einer sozialen Struktur (z.B. Arbeitgeber vs. Arbeitnehmer; Vorgesetzte vs. Mitarbeiter; Ärzte vs. Patienten; soziale Schichten; Eltern vs. Kinder etc).
  • Ereignisnetzwerke kommen durch die Einführung eines sozialen Ereignisses zustande (z.B. rituelle Einladungen zum Fest zur Reisernte in einem javanischen Dorf bei Schweizer 1996). Da zur Definition dieses Netzwerkes zwei Kriterien, ein relationales und ein ereignis- oder zugehörigkeitsbezogenes (affiliatives), nötig sind (Faust 2005), wird diese Art von Netzwerken auch als „two-mode-networks“, synonym „dual networks“ oder „membership networks“ (Faust, 2005) bezeichnet.
    Neben der Strukturanalyse werden in allen drei Ansätzen auch Aussagen über individuelle Handlungsmöglichkeiten der Akteure in ihren Positionen und über die Einflüsse, die relationale, ereignisbezogene und positionale Strukturen und Rahmenbedingungen auf das Verhalten der Akteure haben, gemacht (Wasserman & Faust, 1994; Weyer, 2000b).

3.2 Beziehungsnetzwerke

Beziehungsnetzwerke stellen eine Klasse von Netzwerken in beiden Ansätzen der Netzwerkforschung dar, dem inhaltlichen wie dem strukturanalytischen. Ganz allgemein betrachtet handelt sich dabei um sehr unterschiedliche soziale Strukturen, die aus dem Vorliegen einer sozialen Beziehung zwischen den Mitgliedern dieser Strukturen entstehen. Dabei ist die Art der Beziehung für die formale Netzwerkanalyse von geringerer Bedeutung, insofern hier sehr unterschiedliche Beziehungsformen berücksichtigt werden können (Straus, 2002; Trapmann et al., 2005), während die inhaltliche Netzwerkanalyse ihr Augenmerk vor allem auf solche Beziehungsstrukturen richtet, die Individuen untereinander besitzen (Hollstein, 2006; Straus, 2002; Weyer, 2000a). Je nach Wissenschaftsdisziplin und Forschungsperspektive können hier sehr unterschiedliche Beziehungssysteme Gegenstand der Analyse sein, die entweder als Gesamtes untersucht werden oder aus der Perspektive eines einzelnen Individuums. Im Kontext dieser Differenzierung hat es sich eingebürgert zwischen „Gesamt-“ oder „totalen Netzwerken“, „Partialnetzwerken“ und so genannten „ego-zentrierten Netzwerken“ zu unterscheiden (Jansen 2003; Schenk, 1995; Straus, 2002).

  • Gesamt- oder totale Netzwerke beziehen sich auf alle Beziehungen einer bestimmten Art in einem untersuchten Set von Akteuren. Beziehungen außerhalb der untersuchten Menge interessieren nicht. Gelegentlich wird auch zwischen totalen und Gesamtnetzwerken differenziert, insofern sich der Begriff des totalen Netzwerks auf alle möglichen Relationen bezieht (unterschiedliche Beziehungen), die zwischen einem bestimmten Set an Akteuren bestehen können, während das Gesamtnetzwerk nur die Relationen einer bestimmten Art berücksichtigt (z.B. sich regelmäßig zu treffen).
    Beispiele für gesamte Netzwerke im Rahmen soziologischer, sozialpsychologischer, sozialanthropologischer oder gemeindepsychologischer Perspektiven sind z.B. Familiennetzwerke (Brake, 2005; Diaz-Bone, 1997; Kröger & Wälte, 1995), verwandtschaftliche Netzwerke in ursprünglichen und modernen Kulturen (Schweitzer, 1996) oder Nachbarschaftsnetzwerke gegenseitiger Hilfe und Unterstützung (Schweitzer, 1996).
  • Partielle Netzwerke beziehen sich im Sinne von Barnes (1969) auf die Beziehungen von Teilgruppen aus Gesamtnetzwerken bzw. können im Sinne von Radcliffe Brown auch lediglich eine oder wenige Arten von Verbindungen in totalen Netzwerken verkörpern (z.B. sich kennen, nicht aber sich unterstützen, verwandt zu sein oder zu einem bestimmten Verein zu gehören etc.). In diesem Sinn könnte dann ein Gesamtnetzwerk ein partielles Netzwerk eines totalen sein2.
  • „Egozentrierte Netzwerke“ repräsentieren zwei Arten von Netzwerken, einerseits die Beziehungen eines Einzelindividuums zu seiner sozialen Umwelt – dies ist die gebräuchlichste Verwendungsform des Begriffes – und andererseits die Analyse von Gesamtnetzwerken aus einer egozentrierten Perspektive heraus, indem z.B. die Verwandtschaftsbeziehungen einer bestimmten Familie aus der Perspektive einiger weniger Mitglieder derselben betrachtet werden und auf der Basis dieser Strukturen auf die Gesamtstruktur des Familiengeflechts zurückgeschlossen wird (=“Ersatznetzwerke“, Wasserman & Faust, 1994). Da die zuerst angesprochene Art von Netzwerken Hauptgegenstand psychologischer Netzwerkforschung ist, wird im Folgenden darauf ausführlicher eingegangen.

3.3 Egozentrierte/personale Netzwerke

Egozentrierte Netzwerke weichen in vielerlei Hinsicht von Gesamtnetzwerken ab, da sie nicht aus voneinander unabhängigen Akteuren in ihrer Gesamtrelation zueinander bestehen, sondern aus einem von einer Person (Ego) abhängigen Set von Akteuren, die die interpersonale Umgebung (interpersonal environment, Boissevain, 1974) eines Einzelindividuums ausmachen und somit „das um eine fokale Person, das Ego, herum verankerte soziale Netzwerk“ (Jansen, 2003, S. 74) repräsentieren. Es sind damit also nur jene Beziehungen angesprochen, die eine bestimmte Referenzperson (Ego) zu Anderen (soziologisch: „Alteri“, Jansen 2003) unterhält, incl. deren Verbindungen untereinander. Häufig wird dafür auch der Begriff „personales“ oder „persönliches Netzwerk“ gebraucht3 (Milardo 1992).

Es gibt verschiedene theoretische Konzepte egozentrierter Netzwerke. Die bekanntesten stammen von Barnes (1969), Bouissevain (1974) und Mitchell (1969) und gehen im Weitesten auf Moreno’s (1936) Soziales Atom-Konzept zurück. In seinem sozialen Verortungsmodell nennt Barnes (1969) die Verbindungen zwischen Ego und Alteri „First order Star“ (oft auch als „Ego-Star“ bezeichnet, Boiussevain 1974), die zwischen den Alteri eines Ego „First order Zone“ (Boissevain: „Ego-Zone“). Als zu einem egozentrierten Netzwerk gehörig beschreibt Barnes allerdings auch noch weitergehende indirekte und mehrstufige Verbindungen, die von den Alteri eines egozentrierten Netzwerks zu deren Alteri führen und von diesen wiederum zu anderen und so immer stärker in den sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Raum hinein „ausstrahlen“ (=Beziehungen 2., 3. bis n-ter Ordnung) (vgl. dazu ausführlicher Diaz-Bone, 1997; Schenk, 1984, 1995).

Wenngleich theoretisch zu einem egozentrierten Netzwerk gehörend werden diese Beziehungen in egozentrierten Netzwerkanalysen üblicherweise aus ökonomischen und forschungstechnischen Gründen nicht erfasst, so dass ein durch gängige Methoden operationalisiertes egozentriertes Netzwerk meist nur aus der „First-Order-“ oder „Ego-Zone“ besteht (Laireiter, in Druck, c; Schenk, 1995). Häufig, vor allem im psychologischen Kontext, werden aber nicht einmal die Verbindungen zwischen den Alteri der Ego-Zone erhoben, so dass ein egozentriertes Netzwerk üblicherweise nur durch den verbleibenden „Ego-Star“ repräsentiert ist. Dieses Gebilde ist nach Barnes (1969) im eigentlichen Sinn des Begriffs aber kein Soziales Netzwerk mehr (vgl. für ähnliche Sichtweisen Asendorpf & Banse 2000; Wasserman & Faust, 1994). Dennoch hat es sich durchgesetzt, auch dafür den Netzwerkbegriff zu verwenden (Hollstein 2006). Zur Abgrenzung gegenüber Netzwerken im strukturellen Sinn sollte davon aber niemals ohne die qualifizierenden Zusätze „egozentriert“, „personal“ oder „persönlich“ gesprochen werden.

3.4 Konzeptuelle und theoretische Aspekte egozentrierter Netzwerke

Für ein adäquates konzeptuelles und theoretisches Verständnis egozentrierter Netzwerke sind eine Reihe von Aspekten wichtig, die die bisherige Forschung erbracht haben. Diese können als Basisansätze einer „Theorie egozentrierter Netzwerke“ angesehen werden (vgl. dazu auch Laireiter, in Druck, a).

  1. Personale Netzwerke repräsentieren das Beziehungssystem einer singulären Person. In diesem Sinn sind egozentrierte Netzwerke Bestandteile von Ego und sind durch sein/ihr Verhalten und seine/ihre (Persönlichkeits-)Eigenschaften in ihrer Ausprägung und Charakteristik beeinflusst (Asendorpf & Banse, 2000; Neyer, 2005).
  2. Egozentrierte Netzwerke bestehen aus „natürlichen Beziehungen“ (Barnes, 1969), sie repräsentieren daher reale soziale Gebildet und eine soziale Realität (Hollstein 2006).
  3. Der Begriff ist als Strukturbegriff zu verstehen, der verschiedene Formen sozialer Beziehungen einschließt, Dyaden (Partnerschaft, enge Freunde), Gruppen (Freundschaftscliquen, Interessensgruppen) und Systeme (Familie, Arbeitsgruppen etc.). Mit dem Netzwerkbegriff ist damit das Gesamt der sozialen Beziehungen eines Individuums angesprochen, nicht eine bestimmte Einzelform. Ein personales Netzwerk ist daher mehr als eine Dyade, eine Gruppe oder ein System.
  4. Beziehungen von Menschen kommen durch unterschiedliche Verbindungsformen zustande (soziale Rollen, Kontakt, emotionale Bedeutung etc.). Entsprechend enthalten personale Netzwerke unterschiedliche Beziehungsformen, die Teilnetzwerke oder Netzwerksegmente konstituieren können (Milardo 1992; van Sonderen et al., 1990). Die wichtigsten Verbindungsformen sind nach Boissevain (1974), Milardo (1992) und van Sonderen et al. (1990) die bloße Bekanntschaft, (mehr oder weniger regelmäßiger) Kontakt, strukturelle Rollenverbindungen (Arbeit, Freizeit, Nachbarschaft, Verwandtschaft), subjektive Wichtigkeit und Bedeutung sowie verschiedene Formen emotionaler Verbindungen (Freundschaft, Liebe, Sympathie) und sozialer Austausch und Hilfe (Unterstützung).
  5. Diese unterschiedlichen Verbindungsformen gehen in die Definition und Analyse personaler Netzwerke als so genannte Netzwerk- oder Namensgeneratoren ein und konstituieren auf diese Weise unterschiedliche Ausschnitte aus egozentrierten Netzwerken, die man als Partialnetzwerke eines egozentrierten Gesamtnetzwerkes bezeichnen kann (Milardo, 1992; van Sonderen et al., 1990).
  6. Die verschiedenen Beziehungskonstituenten sind nicht unabhängig voneinander: So ist bloße Bekanntschaft meist mit geringerer emotionaler Verbindung assoziiert, während umgekehrt eine hohe Kontaktfrequenz in der Regel auch eine stärkere emotionale Bedeutung impliziert; bestimmte Rollenbereiche gehen mit höherer Kontaktfrequenz (z.B. Familie, Verwandtschaft, Arbeitsbereich) und einer größeren emotionalen Verbindung einher (Familie, Freundschaft, Verwandtschaft) als andere (Bekannte, Arbeitsbereich). Diese Erkenntnis führte zu verschiedenen Modellen des Aufbaus und der Strukturierung egozentrierter Netzwerke, wobei die meisten diese über zwei Hauptdimensionen organisiert ansehen, eine Affiliations- (emotionale Verbindung, Nähe vs. Distanz; Wichtigkeit vs. Unwichtigkeit) und eine Rollendimension (Lebensbereiche, wie Familie, Verwandtschaft, Nachbarschaft, Arbeit, Freundschaft etc.) (Antonucci, 1990; Bronfenbrenner, 1981; Straus, 2002). Der engste Bereich eines egozentrierten Netzwerks (interpersonaler Nahbereich, affektives Netzwerk) besteht aus Familienmitgliedern, Verwandten, engen Freunden und wichtigen Bezugspersonen aus den verschiedenen Lebensbereichen, in denen eine Person verkehrt; entferntere Bereiche werden aus den Nachbarn, Arbeitskollegen, Bekannten und Mitgliedern gemeinsamer Aktivitäten gebildet (Badura, 1981; Boissevain, 1974).
  7. Engere persönliche Beziehungen konstituieren sich in der Regel nicht aus einer Verbindungs- oder Beziehungsform allein, sondern sie sind mehrgestaltig („multiplex“, Barnes, 1969). Entsprechend besteht der Kern eines egozentrierten Netzwerks primär aus multiplexen Beziehungen. So kann z.B. eine Person ein Freund, Nachbar und Verwandter gleichzeitig sein und schließt damit drei Beziehungsformen, eine emotionale (Freund) und zwei Rollenformen (Nachbar, Verwandter), ein. In der Terminologie Granovetter’s (1973) repräsentieren multiplexe Beziehungen so genannte „strong ties“ (starke, wichtige Beziehungen), während entferntere oder oberflächlichere, d.h. weniger wichtige, meist uniplexer Natur sind (Bekannte, Arbeitskollegen) und von Granovetter (1973) als „weak ties“ bezeichnet werden. Dazu gehören nach Granovetter aber auch indirekte Beziehungen. Dies sind solche, die über eine oder mehrere Personen erreicht werden können (ein Bekannter eines Bekannten). Gerade diese Beziehungen sind nach Granovetter für instrumentelle und Informationsbedürfnisse von Menschen besonders wichtig.
  8. Egozentrierte Netzwerke enthalten nicht nur emotional positive Bezugspersonen, es finden sich in ihnen auch verschiedene Formen belastender und verletzender Interaktionen; entsprechend enthalten diese Netzwerke auch negative und belastende Bezugspersonen (Lettner, 1994).
  9. Persönliche Beziehungen haben eine Reihe wichtiger Funktionen für das menschliche Funktionieren, die Lebensführung und die Lebensbewältigung, indem sie zentrale Bedürfnisse befriedigen (Röhrle, 1994). Es sind dies vor allem Bedürfnisse nach Geselligkeit und Kontakt, Austausch und Kooperation, Unterstützung und Hilfe, Orientierung und Identitätsvermittlung sowie Kontrolle und Verhaltensregulation. Viele dieser Funktionen werden von dem emotional durchdrungenen Kernbereich des egozentrierten Netzwerks (strong ties; affektives Netzwerk) erfüllt (Laireiter, in Druck, b), für eine Reihe anderer (z.B. Informationen, Austausch, Hilfe, Orientierung) sind aber auch und evtl. sogar in erster Linie (Granovetter, 1973) entferntere Beziehungen (weak ties) von Bedeutung.
  10. Egozentrierte Netzwerke sind theoretisch jedoch nicht nur als Bestandteil einer Person anzusehen, sie repräsentieren über die Verbindungen der Netzwerkmitglieder untereinander und zu anderen Personen (First- und Second-order-Zones nach Barnes, 1969) gleichzeitig auch einen Aspekt der sozialen Integration und Verankerung eines Individuums in seine soziale Umgebung und die Gesellschaft (Boissevain, 1974; Straus, 2002). Bestimmte strukturelle Merkmale egozentrierter Netzwerke wie deren Größe, die Anzahl ihrer Cluster oder Sektoren, die Anzahl multiplexer Beziehungen, die Dauer der Beziehungen, ihre Kontaktfrequenz etc. können daher auch als Indikatoren der Verankerung des Individuums in seiner sozialen Umgebung angesehen werden (Schenk, 1995). Entsprechend stehen egozentrierte Netzwerke nicht nur im Interesse psychologischer, sondern auch soziologischer und anderer sozialer Wissenschaften.

4. Psychologische Netzwerkforschung

Die Psychologie leistet einen eigenständigen Beitrag zur Erforschung Sozialer Netzwerke, der sehr vielschichtig ist und es als gerechtfertigt erscheinen lässt, von einer eigenständigen „Psychologischen Netzwerkforschung“ zu sprechen, die sich von anderen Zugängen der Netzwerkforschung durch eine Reihe von Merkmalen unterscheidet. Um allerdings dieser psychologischen Netzwerkforschung gerecht werden zu können und diese nicht als eine verfälschte Rezeption einer primär soziologisch oder sozialanthropologisch/ethnographisch orientierten Traditionen in der Netzwerkforschung erscheinen zu lassen, muss man sie zum einen aus dem in den meisten kritischen Positionen vermittelten soziologisch-sozialanthropologischen Rahmen herauslösen und ihr eine eigenständige Position und Aufgabe wie auch einen eigenen begrifflichen und theoretischen Rahmen in der Psychologie zuordnen.

Basis dieser Idee ist die Annahme, dass Netzwerkforschung in der Psychologie wichtige Erkenntnisse für bedeutsame (nicht zweimal wichtig) Fragestellungen verschiedener Teilbereiche der Psychologie erbringt, ebenso wie psychologische Methoden und Zugänge relevante Beiträge zur Netzwerkforschung als solcher leisten können. Mittlerweile gilt es als allgemein akzeptiert (Hollstein & Straus, 2006; Schenk, 1995; Straus, 2002; Weyer, 2000a), dass die Netzwerkforschung nicht nur formaler mathematischer Methoden bedarf, sondern auch solcher, die inhaltliche Fragestellungen beantworten helfen. Hier können psychologische Methoden wesentliche Beiträge leisten. Im Folgenden werden einige wichtige allgemeine Aspekte einer psychologischen Netzwerkforschung erörtert.

4.1 Grundzüge psychologischer Netzwerkforschung

Die zentralen Komponenten der psychologischen Netzwerkforschung lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen:

  1. Gegenstand: Primäre Untersuchung egozentrierter Netzwerke, insbesondere so genannter First-Order-Stars, jedoch unter Berücksichtigung der Vernetzung der Mitglieder desselben  in Form der First-Ordner-Zone (Barnes, 1969; Boissevain, 1974)
  2. Psychologischer Netzwerkbegriff
  3. Zugang: Spannungsfeld zwischen personalistisch und soziologisch angelegten Interessen und Forschungszugängen
  4. Heterogenität in der disziplinären Einbindung, den Forschungsinteressen und Fragestellungen psychologischer Netzwerkforschung
  5. Heterogene theoretische Fundierungen und Einbindungen
  6. Funktionalisierung und Anwendungsbezug

4.1.1 Gegenstand psychologischer Netzwerkforschung

Psychologische Forschung ist in erster Linie mit individuellem Geschehen (subjektives Erleben, Verhalten, Leistung, Eigenschaften, Befinden, Auffälligkeiten etc.) und intrapsychischen Strukturen und Funktionen (Kognitionen, Attributionen, Emotionen, Wahrnehmung etc.) von Individuen beschäftigt. Interpersonale Phänomene und Beziehungen spielen in diesem Rahmen eine eher untergeordnete Rolle, wenngleich sie in bestimmten Teildisziplinen der Psychologie von größerer Bedeutung sind, z.B. der Sozialpsychologie, der Klinischen Psychologie, der Entwicklungspsychologie oder der Kulturpsychologie, um nur einige zu nennen.

Dieser allgemeinen Forschungsperspektive entsprechend beschäftigt sich psychologische Netzwerkforschung in erster Linie mit Netzwerken von Einzelpersonen im Sinne egozentrierter/personaler Netzwerke. Handlungs-, Akteurs-, Beziehungs- oder andere Formen struktureller Gesamtnetzwerke sind eher selten Gegenstand genuin psychologischer Netzwerkforschung, können aber Gegenstand psychologischer Fragestellungen sein (s.o.), vor allem dann, wenn es um die Analyse sozialen Handelns und Verhaltens in einem größeren sozialen Rahmen geht, oder wenn die sozialen Verbindungen bestimmter Menschengruppen auch psychologisch analysiert werden sollen (Familien, Verwandtschaft, Nachbarschaft, Migrantengruppen etc.; vgl. z.B. Diaz-Bone, 1997; Hollstein & Straus, 2006; Otto & Bauer, 2005; Straus, 2002).

4.1.2 Psychologischer Netzwerkbegriff

Der Netzwerkbegriff besitzt aufgrund der spezifischen psychologischen Forschungsperspektive (s.u.) einige Besonderheiten, die eine spezielle Bedeutung desselben in der Psychologie ergeben. Stärker noch als in anderen Disziplinen repräsentiert der Netzwerkbegriff in der Psychologie die Beziehungen eines Einzelindividuums zu seinem sozialen Umfeld. In diesem Sinn indiziert er das System der sozialen Beziehungen einer Person. Das Netzwerk wird hier als eine Art Eigenschaft, fast könnte man sagen „Bestandteil“ des Individuums gesehen und die Beziehungen werden in psychologischer Typologie beschrieben und mit psychologischen Begriffen analysiert.

Im Gegensatz zur strukturellen Netzwerkforschung, die häufig auch sehr kurze oder vorübergehende Phänomene der Vernetzung von Menschen untersucht oder sich oft nur auf eine Art der Verknüpfung zwischen Ego und Alteri konzentriert, bezieht sich der Netzwerkbegriff in der Psychologie sowohl auf kurzfristige und oberflächlichere Beziehungen als auch auf längerfristige und stabile, mit denen dieser seinen Alltag verbringt und die ihn im Sinne eines Convoys über seinen Lebenslauf oder auch nur eine kurze Strecke desselben begleiten (Kahn & Antonucci, 1980). Auch werden in der psychologischen Netzwerkforschung systematisch die verschiedenen Beziehungen eines Menschen (Partner, Kinder, Eltern, Nachbarn, Freunde etc.) berücksichtigt ebenso wie strukturell unterschiedliche Verbindungen (Dyaden, Triaden, Gruppen, Systeme). Ein personales Netzwerk ist also im psychologischen Sinn ein sehr komplexes Beziehungssystem, das sehr unterschiedliche Beziehungen und Gruppen umfasst, die man nach unterschiedlichen Kriterien differenzieren kann und die ihrerseits Teil- oder Partialnetzwerke generieren.

Ausgehend von der soziologischen Forschung (Fischer, Burt, Wellman etc.; vgl. ausführlicher Schenk, 1984, 1995) werden auch in der Psychologie Partialnetzwerke nach der primären Art der Verbindung zwischen Ego und Alteri unterschieden (Kontakt, Rolle/Lebensbereich, Kontaktfrequenz  etc.; vgl. Laireiter, Baumann & Stieglitz, 2001; Milardo, 1992; van Sonderen et al., 1990). Damit diese Tradition nicht zu begrifflichen Verwirrungen führt (vgl. oben), sollte man aber begrifflich streng zwischen dem egozentrierten Netzwerk als Gesamtphänomen und den verschiedenen sich aus den einzelnen Netzwerkkriterien ergebenden Partialnetzwerken desselben unterscheiden (s. Abbildung 2). In der aus dieser Differenzierung gewonnenen begrifflichen Struktur repräsentiert der Begriff des egozentrierten Netzwerks über die Kombination der begrifflichen Einzelkriterien das egozentrierte oder personale Gesamtnetzwerk, die über die unterschiedlichen Verbindungskriterien erhaltenen Teilausschnitte desselben die jeweiligen Partialnetzwerke, verdeutlicht durch spezifizierende Begriffszusätze.

Abb. 2: Begriffssystem „Egozentriertes/Personales Netzwerk“


Egozentrierte Netzwerke bestehen per definitionem nicht nur aus den Verbindungen zwischen Ego und Alteri (im Sinne eines Ego-Stars nach Barnes, 1969), sondern schließen auch die Verbindung zwischen den Alteri ein sowie die zwischen den Alteri (als Ego-Stars) und deren Alteri. Erst durch die Erfassung wenigstens der Verbindungen zwischen den Netzwerkmitgliedern einer Person können echte Strukturaussagen zum personalen Netzwerk gemacht werden. Dieser Aspekt wurde in der bisherigen psychologischen Netzwerkforschung leider vernachlässigt. Entsprechend fehlen geeignete methodische Strategien ebenso wie Wissen über die Bedeutung von Vernetzungsmerkmalen (Dichte, Cluster, Cliquen, Zentralität etc.) für die Beschreibung und Funktionen persönlicher Netzwerke. Die Frage der Vernetzung personaler Netzwerke sollte daher ein wichtiges Thema zukünftiger psychologischer Netzwerk-Forschung sein.

Ein persönliches Netzwerk besitzt, wie oben bereits dargelegt, unterschiedliche Funktionen und zeichnet sich durch heterogene Beziehungsmerkmale (Beziehungsdauer, Kontaktfrequenz, Rollen, Erreichbarkeit, Belastung etc.) aus. Auch diese sind wichtige Aspekte des psychologischen Netzwerkbegriffs.

4.1.3 Zugänge psychologischer Netzwerkforschung

Soziale Netzwerke werden in der Psychologie primär aus einer „individualanalytischen Forschungsperspektive“ heraus als Bestandteile des Einzelindividuums betrachtet (Neyer, 2005) und analysiert. Allerdings folgen nicht alle psychologischen Zugänge dieser Perspektive; es gibt auch hier Ansätze der Erforschung sozialer Strukturen oder der sozialen Einbettung von Individuen („soziale Verortung“), z.B. in soziometrischen Analysen von Klassen, Gruppen oder Organisationen sowie in Fragestellungen der Gemeinde- oder Sozialpsychologie (vgl. z.B. Keupp, 1987; Straus, 2002). Psychologische Netzwerkforschung steht also in einem gewissen Spannungsfeld zwischen einer eher individuumsorientierten und einer eher strukturellen Forschungsperspektive.

Unabhängig davon könnte man aber über beide Perspektiven hinweg „psychologische Netzwerkanalyse“ als die Beschreibung und Analyse individueller sozialer Beziehungssysteme vor dem Hintergrund psychologischer Perspektiven und Wissensbestände mit psychologischen Fragestellungen und Methoden verstehen, um individuelles Erleben und Handeln besser verstehen zu können, Zusammenhänge zwischen der Person und ihrem Beziehungssystem zu analysieren sowie Funktionen und Effekte des Beziehungssystems auf das individuelle Erleben und Handeln zu erfassen und Interventionen zur Verbesserung des Beziehungssystems und des sozialen Funktionierens der Person durchführen zu können (Laireiter, 2004).

4.1.4 Forschungsinteressen psychologischer Netzwerkforschung

Aus dem eben Gesagten geht hervor, dass das Forschungs- und Rezeptionsinteresse der Psychologie am Gegenstand „Soziales Netzwerk“ ein Mehrfaches ist: Neben einem allgemeinen Erkenntnisinteresse im Sinne der Konzeption und Analyse psychologisch relevanter Phänomene sind mit dem Begriff sehr heterogene Forschungsinteressen in verschiedenen psychologischen Disziplinen assoziiert (vgl. Tabelle 1).

Tab. 1: Fragestellungen psychologischer Netzwerkanalyse (Beispiele)
  • Analyse der Morphologie und Struktur individueller Beziehungssysteme
  • Strukturiertheit und innere Organisiertheit personaler Netzwerke: Nähe vs. Distanz; Rollen; Überprüfung von Strukturmodellen
  • Vernetzung in personalen Netzwerken (Ebenen, Beziehungen etc.)
  • Differentielle Konstitution personaler Netzwerke: Geschlecht, Alter, sozialer Status etc.
  • Entwicklung, Aufrechterhaltung und Veränderung personaler Netzwerke im Lebenszyklus: life-time-development; Altersvarianten (Kinder, alte Menschen)
  • Persönlichkeit und Netzwerk: Ausprägung, reziproke Determination
  • Soziale Beziehungen in personalen Netzwerken: Partnerschaft, Familie, Freundschaft
  • Funktionen personaler Netzwerke:
    - Belastungsbewältigung
    - Salutogenetische Funktionen
    - Gesunde/optimale Entwicklung und Altern in personalen Netzwerken
    - Verhaltensregulation durch Netzwerke
    - Personale Netzwerke und Gesundheitsversorgung/Psychotherapie
  • Interventionen in das Netzwerk und zur Förderung von Netzwerk-Funktionen


So stehen in der Gesundheits- und Klinischen Psychologie vor allem funktionale und praxisbezogene Fragestellungen (Tabelle 1) im Vordergrund (Überblicke bei Angermeyer & Klusmann, 1989; Veiel & Baumann, 1992), während sich etwa die Entwicklungspsychologie stärker mit der Entwicklung sozialer Beziehungen im Lebenslauf (Schmidt-Denter, 2005) und deren Bedeutung für die Entwicklung psychischer Funktionen beschäftigt (Röhrle, 1994). In der Sozialpsychologie wiederum sind damit primär beziehungspsychologische Fragestellungen, vor allem im Hinblick auf die grundlegende Erforschung von Mustern menschlicher Beziehungen angesprochen (Asendorpf & Banse, 2000), während sich die Persönlichkeitspsychologie vor allem mit der Frage nach der Determination von Erleben und Verhalten durch soziale Beziehungen und den Ausdruck von Persönlichkeit in egozentrierten Netzwerken beschäftigt (Asendorpf, 2007; Neyer, 2005). Darüber hinaus wird der Begriff auch zur theoretischen Fundierung psychologischer Phänomene herangezogen, z.B. zur Beschreibung des Beziehungsumfangs einer Person in der Beziehungspsychologie, zur Konzeption relevanter sozialer Umwelten in der Umweltpsychologie (Albrecht & Adelman, 1987) oder als Rahmen für die Steuerung des Hilfesuchprozesses im medizinpsychologischen Kontext (Röhrle, 1994). Insgesamt haben wir es damit mit einer deutlichen Heterogenität in der disziplinären Einbindung und Verflechtung des Netzwerksbegriffs in der Psychologie zu tun und damit auch mit sehr heterogenen Fragestellungen und Forschungsintentionen, in die der Begriff involviert ist.

4.1.5 Theoretische Fundierungen

In allen Arbeiten zur Netzwerkforschung wird das allgemeine Theoriendefizit dieses Konzeptes beklagt (Röhrle, 1994; Schenk, 1995; Straus, 2002; Weyer, 2000a). Dies gilt auch für die psychologische Netzwerkforschung. Allerdings muss hier von vorneherein der Vorstellung, jemals eine allgemeine Theorie personaler Netzwerke entwickeln zu können, eine Absage erteilt werden. Angesichts der Vielgestaltigkeit des Phänomens wie auch der Heterogenität seiner Einbindung in unterschiedliche Forschungskontexte und -bereiche der Psychologie erscheint eine solche auch gar nicht sinnvoll und erstrebenswert. Im Gegenteil, es ist vermutlich nützlicher, für die einzelnen Bezugsbereiche jeweils eigenständige theoretische Konzepte zu entwickeln, was in verschiedenen Kontexten bereits geschehen ist, z.B. in der Belastungs- und Bewältigungsforschung (vgl. z.B. Bodenmann, 2000; Cohen, 1992; Perrez et al., 2005) oder in entwicklungspsychologischen Kontexten (Schmidt-Denter, 2005). Im Folgenden seien ausgehend von den allgemeinen konzeptuellen und theoretischen Aspekten in Abschnitt 3.4 einige Ausführungen zu theoretischen Fundierungsmöglichkeiten personaler Netzwerke in der Psychologie gemacht.

Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass der Netzwerkbegriff das individuelle Beziehungssystem eines Menschen unter strukturellen, interaktionellen, funktionalen und evaluativen Gesichtspunkten beschreibt (s. Abbildung 2). Was den Aufbau dieses Beziehungssystems betrifft, so gehen die meisten Autoren davon aus, dass hier zwei Dimensionen von Bedeutung sind, eine sozial-integrative und eine affektiv-affiliative. Erstere bezieht sich auf die Lebenswelten, in denen Individuen verkehren und aus denen sie Beziehungen generieren (Familie, Verwandtschaft, Nachbarschaft, Arbeit, Freundschaft etc.; Antonucci, 1990; Straus, 2002), die zweite bezieht sich auf die emotionale Intensität der Beziehungen (Nähe vs. Distanz; Wichtigkeit vs. Unwichtigkeit; vgl. Asendorpf & Banse, 2000; Badura, 1981; Boissevain, 1974; Straus, 2002).

Die erste Dimension strukturiert das Netzwerk in verschiedene Sektoren oder Cluster (Mitchell, 1969; Wellman, 1988), die zweite in verschiedene Zonen interpersonaler Nähe und Distanz, wobei unterschiedliche Autoren eine unterschiedliche Anzahl an derartigen Zonen vorschlagen (Badura, 1981; Boissevain, 1974; Wellman, 1988), z.B. eine intime, eine persönliche, eine effektive (?) oder eine oberflächliche bei Boissevain (1974) bzw. eine affektive, Austausch-, rollenbezogene und interaktive bei Milardo (1992). Auch wenn diese bifaktorielle Konzeption einleuchtend und plausibel ist, fehlen bis jetzt noch überzeugende empirische Befunde, die diese unterstützen.

Hinsichtlich seines beziehungstheoretischen Status wurde von verschiedenen Autoren in den letzten Jahren versucht, ein personales Netzwerk als ein erweitertes soziales System zu konzipieren und die Systemtheorie (z.B. von Luhmann; vgl. Bommes & Tacke, 2006; Fuhse, 2005; Weyer, 2000) dafür fruchtbar zu machen. Allerdings sind diese Versuche noch nicht genügend weit fortgeschritten, so dass auch sie noch nicht überzeugend sind.

In Bezug der Relation von Individuum und Netzwerk vertritt die Psychologie die Position eines reziproken Determinismus (dynamischer Interaktionismus, Asendorpf, 2007; Neyer, 2005), der davon ausgeht, dass sich Individuum und Umwelt gegenseitig beeinflussen, d.h. dass zentrale Merkmale persönlicher Netzwerke u.a. auch durch psychologische Merkmale der Person (Persönlichkeitseigenschaften, differentielle Merkmale wie Geschlecht oder Alter, Einstellungen, Kompetenzen etc.) bestimmt sind, und dass umgekehrt aber auch Merkmale des Sozialen Netzwerks (z.B. Größe, Dichte, Ausdehnung, Unterstützungspotenzial etc.) individuelle Merkmale beeinflussen (Asendorpf & Banse, 2000; vgl. dazu auch Laireiter & Lager, 2006; Neyer, 2005). Aus psychologischer Perspektive kann diese Aussage dahingehend interpretiert werden, dass in egozentrierten Netzwerken Personen mit unterschiedlichen Persönlichkeitseigenschaften aufeinander treffen, die sich in ihrem Erleben und Verhalten gegenseitig beeinflussen (Asendorpf 2007; Neyer, 2005). Es darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass auch andere Faktoren, wie z.B. der soziale Status, kulturelle Merkmale, Lebensumwelten (Stadt vs. Land) etc. einen Einfluss auf die Person und ihr Soziales Netzwerk ausüben (vgl. Pierce et al., 1997; Neyer, 2005; Wellman, 1988).

4.1.6 Funktionalisierung und Anwendungsbezug

Ein zentrales Charakteristikum psychologischer Forschung ist es, nicht nur Ergebnisse für die Grundlagenforschung zu erbringen, sondern daraus immer auch Nutzen und Ergebnisse für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen zu generieren. Dies gilt auch für die psychologische Netzwerkforschung, die in vielerlei Hinsicht Ergebnisse für die Anwendung und die Praxis erbracht hat. Da eine ausführliche Darstellung dieses Aspektes den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, werden an dieser Stelle nur einige wenige Beispiele erwähnt:

  • Ergebnisse zu den Funktionen sozialer Beziehungen im Kontext von Lebensbelastungen und deren Bewältigungen erbrachten wichtige Hinweise zur Prävention von psychischen Problemen und Störungen (Perrez et al., 2005). Zusätzlich basieren Ansätze zur Verbesserung der Bewältigungsfähigkeit (Stressbewältigung; Kaluza, 2004) und zur Verbesserung des dyadischen Coping (Bodenmann, 2000) auf Ergebnissen aus dieser Forschungstradition.
  • Die Erkenntnis der Bedeutung sozialer Beziehungen für das Befinden und das soziale Funktionieren im Allgemeinen führte zu einer großen Anzahl an so genannten Netzwerkinterventionen, die vielfältige Aspekte des Konstruktes berücksichtigen und sowohl die Verbesserung und Erweiterung von Netzwerkbeziehungen zum Gegenstand haben, wie auch deren Funktionen, z.B. Soziale Unterstützung, Geselligkeit, Wahrnehmung von Unterstützung etc. (Linden, Hogan & Habra, in Druck; Nestmann, in Druck; Straus, 2002).
  • Aufbauend auf den gleichen Erkenntnissen wurde von einer Reihe von Autoren Interventionen zur Verbesserung zwischenmenschlicher Kompetenzen (Argyle & Henderson, 1990) und zur Reduktion von Einsamkeit und sozialer Isolation entwickelt (z.B. Roth, Möhrlein & Röhrle, 1999), die u.a. den Aufbau sozialer Beziehungen, die Reduktion beziehungshemmender Kognitionen und eine aktive Gestaltung und Pflege sozialer Beziehungen zum Gegenstand haben.
  • Die Erkenntnis, dass Mitglieder des personalen Netzwerks eine wichtige Funktion in der Entstehung psychischer Störungen besitzen, wird immer öfter für präventive und therapeutische Zwecke im Sinne der Prävention sozialer Risiken und der Entwicklung sozialer Ressourcen genützt (Fiedler, 1997), insbesondere im Kontext so genannter „Interpersoneller Therapien“ (Schramm, 1998).

4.2 Methodische Aspekte psychologischer Netzwerkforschung

Auch wenn die Methodik der psychologischen Netzwerkforschung nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, seien abschließend doch einige wichtige Hinweise für eine methodisch adäquate psychologische Netzwerkforschung erörtert.

4.2.1 Exakte Begrifflichkeit

Wie der einleitende Abschnitt gezeigt hat, wird der Netzwerkbegriff in der Psychologie nicht sehr diszipliniert verwendet. Eine solche Begriffsverwendung ist wissenschaftlicher Forschung abträglich. Alle an der psychologischen Netzwerkforschung Beteiligten sollten sich daher um eine präzise und klare Begrifflichkeit bemühen. So sollte klar sein, dass die Psychologie egozentrierte oder personale Netzwerke beforscht und dass dieser Begriff für das Gesamt aller sozialen Beziehungen eines Menschen und deren Verbindung untereinander steht, die über eine Kombination der Beziehungskriterien Kontakt, Rollenbezug / Lebensbereiche, emotionale Verbindung, Hilfe / Unterstützung erfasst werden (s. Abbildung 2). Partialbereiche daraus sollten unter Angabe der exakten Kriterien definiert und operationalisiert werden (z.B. Kontaktnetzwerk als Begriff zur Beschreibung jener Teilmenge von Personen, die über regelmäßigen Kontakt bzw. eine Mindestkontaktdichte [z.B. mind. einmal monatlich] bestimmt ist).

Der Netzwerkbegriff sollte nicht verwendet werden für Phänomene wie Freunde, Bekannte oder Verwandte (Freundschafts-, Bekannten-, Verwandtschaftsnetzwerk etc.), es sei denn, es wird damit eine strukturelle Perspektive unterlegt und die Struktur der Beziehungen einer Person in diesen Bereichen, d.h. unter Berücksichtigung der Beziehungen der in diesen Segmenten lebenden Personen untereinander einer Analyse unterzogen.

Die angesprochenen Forderungen sollten nicht nur für Forschung im engeren Sinn gelten, sie müssen unbedingt auch auf die Rezeption und die zusammenfassende Darstellung von Ergebnissen zur Netzwerkforschung (z.B. in Lehrbüchern) übertragen werden. Viel Verwirrung und Unklarheit hätte vermieden werden können, wenn die Forschungsergebnisse entsprechend den verwendeten bzw. operationalisierten Netzwerkbegriffen dargestellt worden wären.

4.2.2 Operationalisierungen

Eng mit der Forderung nach einer exakten begrifflichen Verwendung ist die Forderung nach einer exakten Operationalisierung des Begriffes zu nennen. Aus den bisherigen Ausführungen geht hervor, dass personale Netzwerke adäquat nur über eine Kombination der unterschiedlichen Beziehungskriterien, die Menschen miteinander verbinden, erfasst werden können. Als prototypisch wäre dafür das vom Autor mitentwickelte Interview zum Sozialen Netzwerk und zur Sozialen Unterstützung (SONET; Laireiter, Baumann, Untner, Feichtinger & Reisenzein, 1997) zu nennen, in dem das Netzwerk aus einer Kombination von Kontakt-, Rollen- und affektiven Kriterien erfasst wird, während Beziehungsmerkmale wie Dauer, Kontaktfrequenz, Belastung etc. sowie soziale Funktionen wie Unterstützung und Hilfe für alle erfassten Netzwerkpersonen sekundär erhoben werden. Instrumente, die egozentrierte Partialnetzwerke erfassen, sollten ihre jeweiligen Erfassungskriterien exakt angeben und nicht den Anspruch erheben egozentrierte Gesamtnetzwerke zu erheben. Anstatt dessen wäre das so erhobene Partialnetzwerk als solches zu benennen (affektives Netzwerk, Unterstützungsnetzwerk etc.).

Die Diagnostik egozentrierter Netzwerke ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit, ist aber, wie ein Literaturüberblick zeigt, leider in verschiedenen Bereichen noch mangelhaft. So existieren etwa im deutschsprachigen Bereich nur sehr wenige spezifische Instrumente zur Erfassung partialer und personaler Gesamtnetwerke (Laireiter et al., 2001), sowohl im Erwachsenen wie auch bei Kindern und Jugendlichen und alten Menschen. Hier sind wichtige Forschungsaufgaben für die Zukunft festzustellen.

4.2.3 Vernetzung

Bereits mehrmals wurde in dieser Arbeit erwähnt, dass sich der Begriff Netzwerk vor allem auf die Verbindung („Vernetzung“) der Mitglieder desselben untereinander bezieht. Das gilt auch für die psychologische Forschung an egozentrierten Netzwerken. Erst durch eine systematische Berücksichtigung der Verbindung der Netzwerkmitglieder einer Person untereinander (aus grundsätzlich unterschiedlichen Perspektiven: Ego, Alteri, unabhängiger Beobachter) und damit der systematischen Analyse der „Ego-Zone“ kann die volle Bedeutung des Sozialen Netzwerks im Rahmen der verschiedenen Fragestellungen der psychologischen Netzwerkforschung untersucht werden. So ist z.B. bis heute nicht bekannt, welche Bedeutung spezifisch strukturelle Merkmale, wie z.B. die Dichte oder die Zentralität, für die Befindlichkeit oder das Gefühl der sozialen Eingebundenheit einer Person besitzt. Auch wäre es interessant detaillierter zu untersuchen, welchen Einfluss Merkmale der Person (soziale Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmale, emotionale Stabilität, psychische Auffälligkeiten etc.) auf diese Merkmale ausüben und welche Funktionen dichte oder weniger dichte Netzwerke z.B. im Belastungsbewältigungsgeschehen oder in der Aufrechterhaltung von Gesundheit etc. besitzen.

Grundsätzlich kann die Verbindung der Netzwerkmitglieder einer Person sowohl für das Gesamt- wie auch für Partialnetzwerke (z.B. das affektive; vgl. Lachiusa, 1996) erhoben und analysiert werden, ebenso kann die Vernetzung der Netzwerkmitglieder untereinander auf unterschiedlichen Ebenen analysiert werden (sich kennen, regelmäßigen Kontakt haben, sich mögen, befreundet sein, Konflikte haben etc.). Abhängig von den jeweiligen Kriterien werden unterschiedliche Ebenen der Vernetzung personaler Netzwerke sichtbar, Phänomene die bislang noch in keiner Studie untersucht worden sind. Es ist davon auszugehen, dass die Berücksichtigung unterschiedlicher Ebenen in der Vernetzung der personalen Zone eines Individuums zu gleichermaßen interessanten wie wichtigen Ergebnissen führen wird.

4.2.4 Methodik der Netzwerkforschung

Das Gros der psychologischen Netzwerkverfahren basiert auf Papier-Bleistift-Methodik, bei der die Netzwerkpersonen in so genannten Netzwerkmatrizen (Tabellen) namentlich erfasst werden (Laireiter et al., 2001). Interaktionelle, funktionale und evaluative Aspekte werden dabei für jede einzelne Person in eigenen Spalten erhoben. Dieser Ansatz eignet sich nur begrenzt für die Erfassung der Vernetzung der Alteri, wie er auch für die Darstellung von Clustern nur wenige Möglichkeiten bietet. Für die Erfassung der Vernetzung von Netzwerkmitgliedern sind so genannte Netzwerkkarten oder -graphiken besser geeignet, in denen Netzwerkmitglieder auf einem Blatt Papier, das eine Reihe konzentrischer Kreise zur Differenzierung der Nähe vs. Distanz zu „Ego“ enthält und eine Reihe von Sektoren zur Zuordnung der Personen in die einzelnen Lebensbereiche (Familie, Verwandtschaft, Freunde etc.; vgl. dazu ausführlicher Straus, 2002). Ein derartiges Vorgehen ist optimal geeignet für die Erfassung kleinerer Netzwerke (bis zu 10 bis 15 Personen) bzw. von kleinen Partialnetzwerken (affektives Netzwerk, Familien- und Verwandtschaftsnetzwerke). Bei größeren Netzwerken (personales Gesamtnetzwerk, Kontaktnetzwerk) stößt diese Methode an ihre Grenzen; hier eignen sich besonders computerisierte Verfahren, die sowohl Netzwerkgraphiken produzieren können, wie auch unterschiedliche Netzwerkmatrizen, über die sowohl die interaktionellen wie auch die Vernetzungsmerkmale der einzelnen Personen erhoben werden. Leider hat die bisherige Forschung erst sehr wenige derartiger Verfahren hervorgebracht (z.B. Lachiusa, 1996), so dass hier noch weiterer Forschungsbedarf besteht.

4.2.5 Visualisierung

Die strukturelle Netzwerkforschung arbeitet seit Jahren sehr eng mit so genannten Visualisierungsmethoden, um die Netzwerkstrukturen optimal darzustellen (de Nooy et al., 2005). Die Visualisierung egozentrierter Netzwerke ist prinzipiell nicht unmöglich und kann auch durch herkömmliche Verfahren bewerkstelligt werden (Lachiusa, 1996). Visualisierungen ermöglichen es vor allem die Struktur eines Beziehungssystems darzustellen und dieses unter verschiedenen Perspektiven so anzuordnen, dass die verschiedenen strukturellen Merkmale eines Netzwerks optimal zur Geltung gebracht werden können (z.B. Cluster, Cliquen, Übergänge, strukturelle Löcher, Cluster- oder Segmentgrenzen, Brücken, Pfade etc.; vgl. Jansen, 2003). Allerdings fehlen auch in diesem Bereich bis jetzt entsprechende Ansätze in der psychologischen Netzwerkforschung, so dass auch hier in Zukunft weitere Arbeiten notwendig sind.

5. Schluss

Psychologische Netzwerkforschung repräsentiert einen eigenständigen Zugang zur Sozialen Netzwerkforschung, der primär egozentrierte Gesamt- und Partialnetzwerke im Kontext psychologischer Fragestellungen untersucht, darüber hinaus aber auch Methoden zur Analyse struktureller (Gesamt-)Netzwerke bereit stellt. Auch wenn die psychologische Netzwerkforschung sehr heterogene Fragestellungen und theoretische Einbindungen besitzt, hängt deren Entwicklung und Ausbau sehr stark von einer exakten Begrifflichkeit und einer exakten Operationalisierung und Bezeichnung der untersuchten Phänomene ab. Es ist die Überzeugung dieser Arbeit, dass psychologische Netzwerkforschung dann zu positiven Entwicklungen und einer allgemeinen Anerkennung kommt, wenn diese Forderungen erfüllt werden und sie nicht, wie in der Vergangenheit allzu häufig geschehen, als ein Anhängsel der Unterstützungsforschung oder als ein Abklatsch einer schlecht rezipierten strukturellen (soziologischen) Netzwerkforschung betrachtet wird. Von beiden hat sie sich durch ihre eigenständigen Fragestellungen und die vielfältige Integration in die verschiedenen Disziplinen der Psychologie eigentlich schon lange gelöst und emanzipiert (Röhrle, 1994).

Literatur

Albrecht, T.L. & Adelman, M.B. (1987). Communication networks as structures of social support. In T.L. Albrecht & M.B. Adelman (Eds.), Communicating social support (pp. 40-63). Beverly Hills, CA: Sage.

Angermeyer, M.C. & Klusmann, D. (Hrsg.). (1989). Soziales Netzwerk. Ein neues Konzept für die Psychiatrie. Berlin: Springer.

Antonucci, T.C. (1990). Social support and social relationships. In: R.H. Binstock & L.K. George (Eds.), Handbook of aging and the social sciences (pp. 205-226). San Diego: Academic Press.

Argyle, M. & Henderson, M. (1990). Die Anatomie menschlicher Beziehungen. Spielregeln des Zusammenlebens. München: mvg-Verlag.

Asendorpf, J. (2007). Psychologie der Persönlichkeit (4. Aufl.). Berlin: Springer.

Asendorpf, J. & Banse, R. (2000). Psychologie der Beziehung. Bern: Huber.

Badura, B. (1981). Zur sozialepidemiologischen Bedeutung sozialer Bindung und Unterstützung. In B. Badura (Hrsg.), Soziale Unterstützung und chronische Krankheit. Zum Stand sozialepidemiologischer Forschung (S. 13-39). Frankfurt: edition suhrkamp.

Barnes, J.A. (1969). Graph theory and social networks. Sociology, 3, 215-232.

Bauer, P. & Otto, U. (Hrsg.). (2005). Mit Netzwerken professionell zusammenarbeiten. Band II: Institutionelle Netzwerke in Steuerungs- und Kooperationsperspektive. Tübingen: dgvt-Verlag.

Baumann, U. (Hrsg.). (1987). Themenheft Soziales Netzwerk, Soziale Unterstützung. Zeitschrift für Klinische Psychologie, 16 (4).

Bodenmann, G. (2000). Stress und Coping bei Paaren. Göttingen: Hogrefe.

Boissevain, J. (1974). Friends of friends: Networks, manipulators, and coalitions. Oxford: Oxford University Press.

Bommes, M. & Tacke, V. (2006): Das Allgemeine und das Besondere des Netzwerkes. In: B. Hollstein & F. Straus (Hrsg.), Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen (S. 37-62). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Brake, A. (2005). Intergenerationale Austauschprozesse und ihre Voraussetzungen in familialen Mehrgenerationennetzwerken. In U. Otto & P. Bauer (Hrsg.), Mit Netzwerken professionell zusammenarbeiten. Band I: Soziale Netzwerke in Lebenslauf- und Lebenslagenperspektive (S. 209-238). Tübingen: dgvt-Verlag.

Bronfenbrenner, U. (1981). Die Ökologie der menschlichen Entwicklung. Natürliche und geplante Experimente. Stuttgart: Klett-Cotta.

Cohen, S. (1992). Stress, social support, and disorder. In: H.O.F. Veiel & U. Baumann (Eds), The meaning and measurement of social support (pp. 109-124). Washington, DC: Hemisphere.

De Nooy, W., Mrvar, A. & Batagelj, V. (2005). Exploratory social network analysis with Pajek. Cambridge: Cambridge University Press.

Diaz-Bone, R. (1997). Ego-zentrierte Netzwerkanalyse und familiale Beziehungssysteme. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag.

Faust, K. (2005). Using correspondence analysis for joint displays of affiliation networks. In: P.J. Carrington, J. Scott & S. Wasserman (Eds.), Models and methods in social network analysis (pp. 117-147). Cambridge: Cambridge University Press.

Fiedler, P. (1997). Therapieplanung in der modernen Verhaltenstherapie: Von der allgemeinen zur phänomen- und störungsspezifischen Behandlung. In H. Reinecker & P. Fiedler (Hrsg.), Therapieplanung in der modernen Verhaltenstherapie. Eine Kontroverse (S. 1-27). Lengerich: Pabst.

Freeman, L.C. (2004). The development of social network analysis. A study in the sociology of science. Vancouver: Empirical Press.

Fuhse, J.A. (2005). Persönliche Netzwerke in der Systemtheorie. SISS: Schriftenreihe des Instituts für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart, 1/2005. Universität Stuttgart: Institut für Sozialwissenschaften. (online-Dokument verfügbar unter: http://www.uni-stuttgart.de/soz/institut/forschung/2005.SISS.1.pdf).

Granovetter, M. (1973). The strength of weak ties. American Journal of Sociology, 78, 1360-1380.

Hollstein, B. (2006). Qualitative Methoden und Netzwerkanalyse – ein Widerspruch? In: B. Hollstein & F. Straus (Hrsg.), Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen (S. 11-35). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Hollstein, B. & Straus, F. (Hrsg.). (2006). Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Jansen, D. (2003). Einführung in die Netzwerkanalyse. Grundlagen, Methoden, Anwendungen (2. Aufl.). Opladen: Leske + Budrich.

Kahn, R.L. & Antonucci, T.L. (1980). Convoys over the life course: Attachment, roles, and social support. In P.B. Baltes & O.G. Brim (Eds.), Life span development and behavior (pp. 253-286). New York: Academic Press.

Kähler, H. (1975). Das Konzept des sozialen Netzwerks: Eine Einführung in die Literatur. Zeitschrift für Soziologie, 4, 283-290.

Kaluza, G. (2004). Stressbewältigung. Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung. Berlin: Springer.

Keul, A. (1993): Soziales Netzwerk – System ohne Theorie. In A.-R. Laireiter (Hrsg.), Soziales Netzwerk und Soziale Unterstützung: Konzepte, Methoden und Befunde (S. 45-54). Bern: Huber.

Keupp, H. (1987). Soziale Netzwerke – Eine Matapher des gesellschaftlichen Umbruchs? In H. Keupp & B. Röhrle (Hrsg.), Soziale Netzwerke (S. 11-53). Frankfurt: Campus.

Kröger, F. & Wälte, D. (1995). Die Familie als soziales Netzwerk. In R. Ningel & W. Funke (Hrsg.), Soziale Netze in der Praxis (S. 126-142). Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.

Lachiusa, T.A. (1996). Development of the Graphic Social Network Measure – GSNM. Journal of Social Service Research, 21(4), 1-35.

Laireiter, A.-R. (Hrsg.). (1993). Soziales Netzwerk und Soziale Unterstützung: Konzepte, Methoden und Befunde. Bern: Huber.

Laireiter, A.-R. (2004). Psychologische Netzwerkforschung. Vortrag gehalten auf der 1. interdisziplinären und internationalen Konferenz „Language of Networks“, 1.-2.9.2004, Linz a.d. Donau: Ars Electronica Center.

Laireiter, A.-R. (in Druck, a). Soziales Netzwerk und Soziale Unterstützung. In A. Lenz & F. Nestmann (Hrsg.), Handbuch Persönliche Beziehungen. Weinheim: Juventa.

Laireiter, A.-R. (in Druck, b). Zur funktionalen Äquivalenz Sozialer Unterstützung und Psychotherapie. In B. Röhrle & A.-R. Laireiter (Hrsg.), Soziale Unterstützung und Psychotherapie. Tübingen: dgvt-Verlag.

Laireiter, A.-R. (in Druck, c). Diagnostik sozialer Ressourcen – Schwerpunkt Netzwerkwerkressourcen. Klinische Diagnostik und Evaluation, 1(2).

Laireiter, A.-R. & Baumann, U. (1992): Network structures and support functions. Theoretical and empirical analyses. In H.O.F. Veiel & U. Baumann (Eds.), The meaning and measurement of social support (pp. 33-56). Washington. DC: Hemisphere.

Laireiter, A.-R., Baumann, U. & Stieglitz, R.-D. (2001). Soziodiagnostik: Soziales Netzwerk, Soziale Unterstützung und Soziale Anpassung. In: R.-D. Stieglitz, U. Baumann & H.J. Freyberger (Hrsg.), Psychodiagnostik in Klinischer Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie (S. 210-228). Stuttgart: Thieme.

Laireiter, A.-R., Baumann, U., Untner, A., Feichtinger, L. & Reisenzein, E. (1997). Interview und Fragebogen zum Sozialen Netzwerk und zur Sozialen Unterstützung SONET. Rehabilitation, 36, 15-30.

Laireiter, A.-R. & Lager, C. (2006). Soziales Netzwerk, soziale Unterstützung und soziale Kompetenz bei Kindern. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 38, 60-78.

Lang, F. (2005). Die Gestaltung sozialer Netzwerke im Lebensverlauf. In U. Otto & P. Bauer (Hrsg.), Mit Netzwerken professionell zusammenarbeiten. Band I: Soziale Netzwerke in Lebenslauf- und Lebenslagenperspektive (S. 41-63). Tübingen: dgvt. Verlag.

Lettner, K. (1994): Negative Aspekte Sozialer Netzwerke und Sozialer Unterstützung. Dissertation. Salzburg: Paris-Lodron Universität.

Linden, W., Hogan, B.E. & Habra, M. (in Druck). Interventionen gegen mangelnde Soziale Unterstützung: Wie effektiv sind sie und wer profitiert davon? In B. Röhrle & A.-R. Laireiter (Hrsg.), Soziale Unterstützung und Psychotherapie. Tübingen: dgvt-Verlag.

Milardo, R.M. (1992). Comparative methods for delineating social networks. Journal of Social and Personal Relationships, 9, 447-461.

Mitchell, C.J. (1969). The concept and use of social networks. In C.J. Mitchell (Ed.), Social networks in urban situations. Analysis of personal relationships in central African towns. (pp. 1-50). Manchester: Manchester University Press.

Moreno, J.L. (1936). Organization of the social atom. Sociometric Review, 4, 10-13.

Nestmann, F. (in Druck). Netzwerkintervention und Supportförderung – ein Plädoyer für Praxis. In B. Röhrle & A.-R. Laireiter (Hrsg.), Soziale Unterstützung und Psychotherapie. Tübingen: dgvt-Verlag.

Neyer, F.J. (2005). Persönlichkeit und soziale Netzwerke. In U. Otto & P. Bauer (Hrsg.), Mit Netzwerken professionell zusammenarbeiten. Band I: Soziale Netzwerke in Lebenslauf- und Lebenslagenperspektive (S. 65-83). Tübingen: dgvt. Verlag.

Ningel, R. & Funke, W. (Hrsg.). (1995). Soziale Netze in der Praxis. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.

Otto, U. & Bauer, P. (Hrsg.). (2005). Mit Netzwerken professionell zusammenarbeiten. Band I: Soziale Netzwerke in Lebenslauf- und Lebenslagenperspektive. Tübingen: dgvt-Verlag.

Pearson, R.E. (1997). Beratung und soziale Netzwerke. Weinheim: Beltz.

Perrez, M., Laireiter, A.-R. & Baumann, U. (2005). Psychologische Faktoren: Stress und Coping. In M. Perrez & U. Baumann UHrsg.), Lehrbuch Klinische Psychologie, Psychotherapie (3., vollst. überarb. Aufl., S. 272-304). Bern: Huber.

Pierce, G.R., Lakey, B., Sarason, I.G. & Sarason, B.R. (Eds). (1997). Sourcebook of Social Support and Personality. New York: Plenum Press.

Röhrle, B. (1994). Soziale Netzwerke und soziale Unterstützung. Weinheim: Psychologie Verlags Union.

Roth, A., Möhrlein, H. & Röhrle, B. (1999). Einsamkeit bewältigen. Manual zur Anleitung in Gruppen. Fortschritte der Gemeindespsychologie und Gesundheitsförderung, Band 5. Tübingen: dgvt-Verlag.

Schenk, M. (1984). Soziale Netzwerke und Kommunikation. Tübingen: J.C.B. Mohr.

Schenk, M. (1995). Soziale Netzwerke und Massenmedien. Tübingen: J.C.B. Mohr.

Schmidt-Denter, U. (2005). Soziale Beziehungen im Lebenslauf. Weinheim: Beltz PVU.

Schramm, E. (1998). Interpersonelle Psychotherapie (2. Aufl.). Stuttgart: Schattauer.

Schweizer, T. (1996). Muster sozialer Ordnung. Netzwerkanalyse als Fundament der Sozialethnologie. Berlin: Dietrich Reimer Verlag.

Straus, F. (2002). Netzwerkanalysen. Gemeindepsychologische Perspektiven für Forschung und Praxis. Wiesbanden: Deutscher Univeristäts-Verlag.

Trappmann, M., Hummell, H.J. & Sodeur, W. (2005). Strukturanalyse sozialer Netzwerke. Konzepte, Modelle, Methoden. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Van Sonderen, E., Ormel, J., Brilman, E. & van Heuvell, van den Linden (1990). Personal network delineation: A comparison of the exchange, affective and role-relation approach. In: K.C.P.M. Knipscheer & T.C. Antonucci (Eds), Social network research: Substantive issues and methodological questions. 101-120. Amsterdam:

Vaux, A. (1988). Social Support: Theory, research, and intervention. New York: Praeger.

Veiel, H.O.F. & Baumann, U. (Eds). (1992). The meaning and measurement of social support. Washington DC.: Hemisphere.

Wasserman, S. & Faust, K. (1994). Social network analysis: Methods and applications. Cambridge: Cambridge University Press.

Wellman, B. (1988). Structural analysis: From method and metaphor to theory and substance. In B. Wellman S.D. Berkowitz (Eds.), Social structures: A network approach (pp. 19-61). Cambridge: Cambridge University Press.

Weyer, J. (2000a). Einleitung. Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften. In J. Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke. Konzepte und Methoden in der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung (S. 1-34). München: Oldenbourg.

Weyer, J. (Hrsg.). (2000b). Soziale Netzwerke. Konzepte und Methoden in der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung. München: Oldenbourg.

Anmerkungen

1 Erweiterte Fassung des Vortrages „Psychologische Netzwerkforschung“ gehalten auf der 1. interdisziplinären und internationalen Konferenz „Language of Networks“, 1.-2.9.2004, Linz a.d. Donau, Ars Electronica Center.

2 Es sei an dieser Stelle betont, dass die Differenzierung in totale, Gesamt- und partielle Netzwerke vor allem in der Frühphase der (anthropologischen/ethnographischen) Netzwerkforschung Verwendung fand; in letzter Zeit findet sich diese kaum noch im Schrifttum; vor allem kann die Unterscheidung zwischen Gesamt- und partiellem Netzwerk nicht mehr aufrechterhalten werden, da Gesamtnetzwerke letztlich ebenfalls Teilnetzwerke von noch größeren Netzwerken darstellen, die nach bestimmten Kriterien festgesetzt worden sind. Ebenso kann ein egozentriertes Netzwerk grundsätzlich auch als Gesamtnetzwerk (einer Person) angesehen werden und Teile daraus (Kontaktpersonen, enge Beziehungen) als Partialnetzwerke desselben (s.u.).

3 Die Begriffe „egozentriertes“ und „personales“ (persönliches) Netzwerk werden in dieser Arbeit synonym verwendet

Autor

Anton-Rupert Laireiter, Ass.-Prof. Dr.phil.
Fachbereich Psychologie
Universität Salzburg
Hellbrunnerstraße 34
A-5020 Salzburg
Tel.: 0043-662-8044-5122
Fax: 0043-662-8044-5126
Öffnet ein Fenster zum Versenden einer E-Mailanton.laireiter@bitte-keinen-spam-sbg.ac.at
Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.uni-salzburg.at/psychologie/laireiter

Assistenzprofessor für Psychologie, Universität Salzburg. Klinischer Psychologe, Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut (Verhaltenstherapie, Klientenzentrierte Psychotherapie), Leiter der Beratungsstelle für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Gesundheitspsychologie, Lehrtherapeut und Supervisor für Verhaltenstherapie (AVM-Österreich); Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Psychotherapie und Klinisch-psychologische Behandlung, Ausbildung in Psychotherapie; Psychologie sozialer Beziehungen, besonders Soziale Unterstützung und Soziale Netzwerke; Klinische Gerontopsychologie und –therapie. Qualitätssicherung von Psychotherapie.



alttext